der Schnee
weiß weite Wüste
der Schnee
das Eis
hell klirrend fein
das Eis
der Wind
scharf beißend kalt
der Wind
die Krähen
schwarze Kleckse
auf dem Weiß
und über allem
Sonne
Nachruf
Warum liegst du so still?
Kannst du die Augen nicht mehr öffnen?
Ist deine Zeit vorbei?
So viele Bilder ziehn mir durch den Kopf.
Dein schwarzes Fahrrad, viel zu groß für mich.
Abendgebete unterm Engelsbild.
Du und dein Moped auf dem Weg ins Holz.
Dein Purzelbaum am Friedhofshang.
Und immer wieder stehst du auf!
Wenn ich laut lache, hör ich dich, und
wenn ich singe, singst du mit,
wenn meine Augen tränen, sind es deine.
Du bist die Letzte, die nun geht,
ein Stück Geschichte geht mit dir.
ein Stück Geschichte geht mit dir.
Lass hinter dir die Türen offen sein!
Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de
Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de
Abendgebet
steiniger Strand
fahles Licht und
lauernde Schwärze
tintiges Wasser umspült
zähe Schlieren ziehend
ölig fetzend
die Krallen der Möwe
an den Felsen
wetzt sie ihren Schrei
Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de
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Rauchzeichen
plötzlich
empfange ich Rauchzeichen
von meinem Vater
sie kriechen, physikalisch nicht erklärbar
durch die Leitung
während ich telefoniere
der Mann neben mir
auf dem Balkon des Theaters
sendet sie in Wellen an mich aus
mitten im Trubel der Fußgängerzone
rufen sie Erinnerungen
an die Kindheit wach
vertrauter Duft
wie das Wiedersehen
mit einem alten Freund nach langer Zeit
empfange ich Rauchzeichen
von meinem Vater
sie kriechen, physikalisch nicht erklärbar
durch die Leitung
während ich telefoniere
der Mann neben mir
auf dem Balkon des Theaters
sendet sie in Wellen an mich aus
mitten im Trubel der Fußgängerzone
rufen sie Erinnerungen
an die Kindheit wach
vertrauter Duft
wie das Wiedersehen
mit einem alten Freund nach langer Zeit
Ordnungshüter
morgens um 7 in der U-Bahn
ist die Welt noch in Ordnung
zwei Streifenhörnchen
im Einsatz an der Frühaufsteher-Front
ein Männchen und ein Weibchen
ein Pärchen?
Verliebtheit in den müden Augen und
Sehnsucht auf den Lippen
aber – nicht hier, nicht jetzt!
Ordnung muss sein
ist die Welt noch in Ordnung
zwei Streifenhörnchen
im Einsatz an der Frühaufsteher-Front
ein Männchen und ein Weibchen
ein Pärchen?
Verliebtheit in den müden Augen und
Sehnsucht auf den Lippen
aber – nicht hier, nicht jetzt!
Ordnung muss sein
Schneeverwehungen
fein, fein beinander bleiben
auch wenn's stürmt oder schneit
es schneit schon seit Tagen
der Sturm ist nicht weit
Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de
auch wenn's stürmt oder schneit
es schneit schon seit Tagen
der Sturm ist nicht weit
Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de
110
Es ist nicht ratsam,
in momentaner Verwirrung,
aus einer Verzweiflung heraus,
gar aus Einsamkeit
den Notruf zu wählen.
Es kommen:
die Feuerwehr,
der Notarzt,
die Polizei und
die Einsatzleitung.
Mindestens vier Autos stehen
plötzlich kreuz und quer
vor deinem Haus.
Ein voller Erfolg!
Was das wieder kostet!
Von den Nachbarn,
die aus ihren Fenstern schauen,
ganz zu schweigen.
Was die wieder reden!
Lieber still halten und abwarten,
bis ES von selbst
vorbei geht.
Oder,
den Qualm deiner Verzweiflung
mit einem Kissen ersticken.
Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de
Hobelspäne (2)
Alle schreiben mit: das Mädchen mit den wippenden Zöpfen, die Jugendliche mit der wilden Mähne, die junge Frau und die, die ich jetzt bin. Alle Versionen der Schreiberin sind vertreten, und jede will zu ihrem Recht kommen. Mal fragt das Kind, mal rebelliert die Pubertierende, und die Ewig-Junge träumt in ihren x-ten Frühling. Oder die Alte humpelt sinnierend übers Blatt. Und um das Ganze noch zu toppen: Es gibt von jeder Version eine Ausführung in Schwarz-Weiß und eine in Farbe.
Im besten Fall mischen sich alle. Sonst heißt es: Wer sich am lautesten meldet, der kommt dran. Keine Spur von Demokratie!
Im besten Fall mischen sich alle. Sonst heißt es: Wer sich am lautesten meldet, der kommt dran. Keine Spur von Demokratie!
Herzflimmern
ich glaubte, es verschenkt zu haben – mein Herz
ich sehe nach, es ist noch da
nehm es in beide Hände
ein Muskel, zuckend rot
pulsierend voller Leben
Materie mit Gefühlen, für
Überraschung immer gut
nichts hängt, nichts stottert
alle Rädchen schnurren
mein ganzes Dasein pocht
in meinen Händen
Herzflimmern - ein so schönes Wort -
und steht doch für den Tod
Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de
Hobelspäne (1)
Es gibt Texte, an denen hängt mein Herz bereits, während sie noch in meinem Kopf entstehen. Sie zu löschen käme einem heimtückischen Mord gleich. Ich kann nicht von ihnen lassen. Schlimm, wenn sie nicht recht gelingen wollen.
Andere sind weniger gefühlsbeladen und drängen trotzdem ins Laptop hinein. Sie werden immer wieder aufgerufen, geprüft wie mittelmäßige Schüler, werden hin und her gewendet, umformuliert, stehen über Tage und Wochen ständig zum Appell bereit, bis ich sie endlich akzeptieren kann.
Dann gibt es noch die Kuckuckseier. Mit Ach und Krach ausgebrütet dümpeln ihre jämmerlichen Gestalten unbeachtet auf dem Grund des Archivs bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.
Andere sind weniger gefühlsbeladen und drängen trotzdem ins Laptop hinein. Sie werden immer wieder aufgerufen, geprüft wie mittelmäßige Schüler, werden hin und her gewendet, umformuliert, stehen über Tage und Wochen ständig zum Appell bereit, bis ich sie endlich akzeptieren kann.
Dann gibt es noch die Kuckuckseier. Mit Ach und Krach ausgebrütet dümpeln ihre jämmerlichen Gestalten unbeachtet auf dem Grund des Archivs bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.
Ritterspiel
Er fährt vor. Kommt sehr abrupt zum Stehen.
Lässt Kieselsteinchen hüpfen
auf deine roten Schuhe.
Die Augen treffen sich.
Er ist dein Ritter. Kann sein Pferd kaum zügeln.
Du bist seine Dame.
Du steigst ein
für diesen Augenblick.
Ihr fahrt los. Das Spiel
ist längst Vergangenheit.
Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de
brandneu
jeder Tag ist brandneu
beginnt auf einem leeren, weißen Blatt
in der Ecke, oben links
anfangs zaghaft, dann kräftiger
zeigt er Umrisse, füllt sie
im Lauf der Stunden mit seinen Eigenheiten
bis sich ein Bild formt
zuerst nur in Schwarz-Weiß
die Farben kommen später
wie mit einem Pinsel satt gestrichen
oder leicht getupft
jeder Tag sein eigenes Bild
an manchen Stellen
ein kleiner Riss, ein Fleck
ein Knick, ein Eselsohr
Spuren des Gebrauchs
nichts Vollkommenes
das wär zu schön
kaum zu ertragen
es gibt Tage, die bleiben stecken
im Entwurf, eine rohe Skizze,
die doch alle Möglichkeiten
ahnen lässt
beginnt auf einem leeren, weißen Blatt
in der Ecke, oben links
anfangs zaghaft, dann kräftiger
zeigt er Umrisse, füllt sie
im Lauf der Stunden mit seinen Eigenheiten
bis sich ein Bild formt
zuerst nur in Schwarz-Weiß
die Farben kommen später
wie mit einem Pinsel satt gestrichen
oder leicht getupft
jeder Tag sein eigenes Bild
an manchen Stellen
ein kleiner Riss, ein Fleck
ein Knick, ein Eselsohr
Spuren des Gebrauchs
nichts Vollkommenes
das wär zu schön
kaum zu ertragen
es gibt Tage, die bleiben stecken
im Entwurf, eine rohe Skizze,
die doch alle Möglichkeiten
ahnen lässt
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